Ausfuhren von Syngenta
Der Bundesrat hat Exportregeln verschärft, dies ändert faktisch aber nichts: Von der Schweiz gelangen verbotene Pflanzenschutzmittel trotzdem legal ins Ausland, wie Public Eye kritisiert.
In der Schweiz werden Pestizide per Traktor und solch eine Spritze ausgebracht.
Seit Anfang 2021 dürfen rund hundert giftige Spritzmittel, die in der Schweiz nicht mehr in der Landwirtschaft eingesetzt werden dürfen, nur mit einer Bewilligung exportiert werden. Geändert hat das kaum etwas: Syngenta hat mehr als 16 Tonnen Pestizide mit der hierzulande verbotenen Substanz Triasulfuron ins Ausland geliefert.
«Die Verschärfung des Bundesrats zeigt kaum Wirkung und braucht dringend Nachbesserungen und mehr Kontrolle», kritisiert Oliver Classen von der Menschenrechtsorganisation Public Eye.Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) bestätigt, dass es allein 2021 die Ausfuhr von rund 10 Tonnen Pflanzenschutzmitteln genehmigt hat, die den Wirkstoff Triasulfuron enthalten. Syngenta dementiert nicht, dass sie die Produzentin und Exporteurin der Produke ist.
Public Eye will verhindern, dass in Europa verbotene Substanzen, die Mensch und Umwelt schädigen können, in Osteuropa, Südamerika oder Nordafrika verspritzt werden. Dies, obwohl diese Pestizide in vielen Staaten gar nicht verboten sind. «Die gesetzlichen Bestimmungen sind in Schwellen- und Entwicklungsländern oft lascher, und Landarbeiterinnen haben meist keine Ausrüstung oder Ausbildung, um sich beim Umgang mit den Pestiziden zu schützen», erklärt Classen.
Triasulfuron wurde 2016 in der EU aufgrund von Bedenken wegen seines erbgutverändernden Potenzials, der Grundwasserverschmutzung und der toxischen Wirkung auf Wasserorganismen verboten. Die Schweiz setzte es 2020 auf ihre Liste der Substanzen, deren Ausfuhr genehmigt werden muss. Das Bafu muss dann bei dem Staat, in den es exportiert werden soll, vorab die ausdrückliche Zustimmung dafür einholen. Offenbar geben die importierenden Länder immer noch grünes Licht.
Totales Exportverbot für fünf Substanzen
Letztlich geht es also um die Frage, ob die Schweiz es verantworten kann, Substanzen in die Welt liefern zu lassen, die die Behörden hierzulande für den Einsatz als zu gefährlich erachten.
Der Bundesrat kennt durchaus ein totales Exportverbot. Dieses gilt für fünf «besonders problematische» Substanzen, die in der Schweiz verboten sind. Sie sind in anderen Staaten zwar zum Einsatz in der Landwirtschaft zugelassen, aber dennoch untersagt es der Bund, sie zu exportieren. Dies gilt etwa für das für Menschen hochgiftige Unkrautbekämpfungsmittel Paraquat.
«Einige unserer Produkte sind zwar nicht für die Verwendung in der EU zugelassen, aber sie sind sicherheitsgeprüft, registriert und in anderen Teilen der Welt zugelassen.»
Syngenta hält sich nach eigenen Angaben an die Ausfuhrbestimmungen: Paraquat wird nicht aus der Schweiz exportiert, und für genehmigungspflichtige Substanzen holt das Unternehmen beim Bafu die Bewilligung ein. Prinzipiell hat der Konzern selbst keine Bedenken, in der Schweiz nicht erlaubte Substanzen ins Ausland zu liefern: «Einige unserer Produkte sind zwar nicht für die Verwendung in der EU zugelassen, aber sie sind sicherheitsgeprüft, registriert und in anderen Teilen der Welt zugelassen», erklärt Sprecher Beat Werder.
Laut Syngenta ist auch nicht unbedingt die Gefährlichkeit der Pestizide der Grund, warum sie in Europa nicht zugelassen sind: «Das ist meist darauf zurückzuführen, dass unterschiedliche Formulierungen für die verschiedenen Umgebungen, Kulturen, Schädlingsbefall und Krankheitsbedingungen auf der ganzen Welt entwickelt wurden», sagt Werder.
Die Schweiz fungiert als Drehscheibe
Triasulfuron exportiert Syngenta aus der Schweiz in die Welt, die Substanz wird hier jedoch seit zehn Jahren gar nicht mehr hergestellt.
Warum Syngenta denn Triasulfuron überhaupt aus der Schweiz ausführt, erklärt der Konzern so: «Es geht um Logistik: Produkte kommen in zentrale Lager und werden von dort ausgeliefert, wie das in vielen Unternehmen üblich ist – dabei kann es zu Grenzüberschreitungen und folglich zu Importen und Exporten kommen.» Um sicherzustellen, dass die Wirkstoffe strenge Produktionsstandards erfüllten und von höchster Qualität seien, produziere Syngenta nur an wenigen Orten auf der Welt. «Wir unterhalten eine globale Lieferkette für die Inhaltsstoffe und Zwischenprodukte, die für unsere Endprodukte benötigt werden.»
Die Schweiz fungiert offenbar als Drehscheibe für den Im- und Export von in Europa verbotenen Pestiziden. Das Bafu erhält aus der EU jeweils Exportnotifikationen, denn die Ausfuhr dieser Wirkstoffe unterliegt in der EU einer Meldepflicht. Eine solche gibt es in der Schweiz zwar auch, aber die Liste der davon betroffenen Substanzen ist kürzer. Rund 90 in der EU meldepflichtige Pestizide sind dies hierzulande zurzeit nicht. «Dadurch fehlt heute Transparenz über die Ausfuhr dieser Gefahrenstoffe aus der Schweiz», sagt Classen.
- In einer früheren Version des Artikels hiess es, im zweiten Absatz das Bundesamt bestätige, dass es allein 2021 die Ausfuhr von rund 10 Tonnen Triasulfuron genehmigt hat. Korrekt ist, dass es sich um die Genehmigung des Exports von Triasulfuron-haltigen Produkten handelt.